„Nichts war stärker als der Zusammenhalt.“

Harald

Ortsschild Pelzerhaken
© Aller Anfang ist...?

Eine Erfahrung fürs Leben

In unserem Wettbewerbsbeitrag zum Thema „Wohnen in Hamburg“ stellten wir uns die Forschungsfrage, wie Menschen unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Hamburg oder in der Nähe von Hamburg gewohnt haben und welchen Lebensumständen sie während dieser Zeit ausgesetzt waren. Wir haben uns vor allem deshalb für die Betrachtung dieses Zeitraumes entschieden, weil wir es uns heute nicht vorstellen können, wie es damals gewesen sein muss, im völlig zerstörten Hamburg zu „überleben“ oder überhaupt von „Wohnen“ nach dem Zweiten Weltkrieg sprechen zu können.

Harald ist 92 und in Hamburg geboren. Aufgrund der Kriegssituation im Zweiten Weltkrieg musste er nach Bayern ziehen, um weiterhin die Schule besuchen zu können. Gegen Ende der Kriegszeit ging er zurück in seine Heimatstadt zu seiner Familie. Heute ist er Rentner und lebt in der Nähe von Kiel.

Harald eignete sich als Gesprächspartner, da er Zeitzeuge des Zweiten Weltkriegs ist. Er war uns schon bekannt, deshalb konnten wir mit ihm Kontakt aufnehmen und ihn für ein Interviewgespräch gewinnen. Zudem konnte er uns vieles über unser Forschungsthema mitteilen und seine Wahrnehmungen zu der Zeit miteinbeziehen. Außerdem war er der perfekte Zeitzeuge und Interviewpartner, da er zu der Zeit der Geschehnisse Jugendlicher war, wie wir es jetzt sind, und somit seine Sichtweise klarer war.

Unser Interview fand bei Harald Daheim statt, in der Nähe von Kiel. Auf Wunsch seinerseits haben wir den Weg auf uns genommen, um ihn zu besuchen, da es für einen Mann seines hohen Alters nicht nur aufgrund der aktuellen Pandemie gefährlich ist, mit der Bahn zu fahren, sondern auch weil die körperliche Anstrengung und Belastung ihn zu sehr herausgefordert und gestresst hätten, weshalb wir gerne nach Kiel zu ihm kamen. Dort angekommen fanden wir ein sehr idyllisches Dorf an der Ostsee vor und wurden mit Kaffee und Kuchen von Haralds Familie in Empfang genommen. Dies half immens dabei, die Stimmung aufzulockern. Im Verlauf des Tages haben wir zeitnah mit dem Interview begonnen. Danach haben wir noch einen Spaziergang mit Harald und seiner Familie unternommen, um auch abseits unseres Interviews persönlich mit ihm sprechen zu können, da er mit der Aufnahme des Interviews auch etwas überfordert war. Deshalb haben wir die Kamera auch vorzeitig ausgeschaltet. Während des Interviews gab es sonst wenige Komplikationen und Harald konnte uns viele gute Informationen und auch seine eigenen Erfahrungen vermitteln, welche nochmal einen großen Mehrwert für die Erforschung unseres Forschungsthemas brachten.

Zum Einstieg haben wir Harald zur Empfindung seinerseits gefragt, wie sich die Hamburger Gesellschaft gegenüber den Neuankömmlingen bzw. Ostflüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg verhalten hat, die unmittelbar vor der Roten Armee nach Hamburg geflohen waren und was diesbezüglich eher schlecht oder gut lief. Harald sagte, „die Gesellschaft hat sich den Umständen und der Umgebung gut angepasst, jedoch waren nur wenig Lebensmittel vorhanden und es war viel Geduld von der Bevölkerung gefordert“. Zudem erzählte er uns, dass viel Rücksicht auf andere genommen wurde, aber trotzdem noch Neid in der Gesellschaft existierte, was aber auch „normal“ ist. Doch gerade bei Kindern sah man, dass der Neid prägnanter vorhanden war. Zudem berichtete Harald von dem Schwarzmarkt und den Händlern, welche durch die hohe Nachfrage immens profitiert haben, da sie alles Notwendige hatten.

Des Weiteren gingen wir näher auf unser eigentliches Projektthema ein und wollten aus Haralds Sicht erfahren, wie seine Lebensbedingungen nach dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg waren und ob er diese vielleicht auch mit seinen heutigen vergleichen könne. Harald äußerte sich dazu, dass er in Baracken gelebt hat und mit seinen Arbeitsbedingungen und seiner Vollzeitbeschäftigung sehr zufrieden war. Motiviert hat ihn dabei der Faktor, dass er beim Wiederaufbau mitwirken konnte.
Kleidung war außerdem ein sehr gefragter Artikel in der Gesellschaft. „Die Kleidungsbeschaffung verlief sehr langsam und meist wurden Kleidungsstücke wiederverwendet und es waren auch welche von den Briten, aber das machte nichts aus, denn jeder freute sich, wenn er ein Stück bekam“.

Zum Schluss haben wir uns aus eigenem Interesse gefragt, wie sich Harald nach dem Ende des Weltkrieges gefühlt hat, um ein besseres Bild davon zu bekommen, was aus unserer Sicht nur ein Zeitzeuge herüberbringen kann. Überraschenderweise äußerte Harald: „Man konnte endlich wieder schlafen, man konnte endlich wieder seine Meinung sagen und alle schauten wieder nach vorne. Man war froh, dass der Krieg zu Ende war“. Der Punkt, dass man endlich wieder schlafen konnte, hat uns sehr überwältigt und ein starkes Mitgefühl bei uns hervorgerufen, was auch nach dem Interview in unseren Köpfen blieb.

Das Interview mit Harald hat gezeigt, dass es für die Menschen eine sehr harte Zeit war und dass es an vielen Ecken an Artikeln und Waren gemangelt hat. Aber, wie das Sprichwort schon besagt: „Aller Anfang ist schwer“ und somit auch Haralds, doch wie wir sehen, lebt er glücklich mit seiner Frau in einem sehr schönen Haus bei Kiel.

Durch das Interview konnten wir einen guten Eindruck von der Situation der Bevölkerung in Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg bekommen und sind mit einem Gefühl der Bewunderung aus dem Interview gegangen. Denn wir können uns heute, mit all dem Luxus, den wir tagtäglich um uns herum haben, mit allen Möbeln und Wohngegenständen, die wir wortwörtlich im Überfluss besitzen, kaum vorstellen, wie hart und herausfordernd eine Kindheit und Jugend gewesen sein muss, die von Entbehrungen und Verzicht beim Wohnen und Leben gekennzeichnet war. Dies gemeistert zu haben und heute stolzer Opa sein zu können, dafür bewundern wir Harald sehr.

Wir möchten uns herzlich dafür bedanken, dass Harald sich die Zeit genommen hat, uns seine Erfahrungen mitzuteilen und wünschen ihm alles Gute.

Autoren: Philip, Lasse, Tim und Leon

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