Die interviewenden Schülerinnen sitzen mit Katharina am Tisch. Eine Schülerin und Katharina sind im Gespräch. Sie sitzen sich schräg gegenüber. Die andere Schülerin sitzt mit dem Rücken zur Kamera und liest sich ein Dokument durch.
© Aller Anfang ist...?

Mit Ehrgeiz, Hilfe und Glück

Katharina ist 70 Jahre alt und wurde in Sibirien geboren. Ihre Eltern sind Deutsche und wurden im Zweiten Weltkrieg von deutschen Truppen zunächst nach Deutschland gebracht. Anschließend wurden sie von russischen Truppen wieder in die damalige Sowjetunion gebracht. Dort wurde sie geboren und wuchs in Kasachstan auf. Heute wohnt sie mit ihren Kindern im Landkreis Celle und pflegt ihren beeinträchtigten Sohn.

Katharina eignet sich als Interviewpartnerin, da sie im März 1990 aus Kasachstan ausgewandert ist. Sie kann uns Fragen über das Ankommen und ihr jetziges Leben in Deutschland beantworten. So können wir ihren Weg von Russland nach Deutschland besser kennenlernen. Die Interviewpartner haben sich freiwillig für unser Projekt mit dem Thema Russlanddeutsche zur Verfügung gestellt.

Wir haben Katharina in einer Kirchengemeinde getroffen. Dort waren weitere Interviewpartner in ihrem Alter, die ebenfalls von Russland nach Deutschland immigriert sind. Es war eine lockere Atmosphäre.

Zunächst fragten wir Katharina, ob sich ihr Schwierigkeiten bei ihrer Einreise in den Weg stellten. Da Katharinas Onkel bereits in Deutschland lebte, gestaltete sich ihre Einreise als relativ problemlos. Ihr Onkel war zu Kriegszeiten in Deutschland geblieben und konnte ihrer Familie deshalb auch bei den ersten Schritten, der Wohnungssuche, der Beantragung der Papiere, usw. helfen.

Danach stellten wir Katharina die Frage, ob sie finanzielle Unterstützung vom Staat bei ihrer Einwanderung bekam. Diese Frage konnte sie sehr stark bejahen und zeigte sich zudem sehr zufrieden über die Unterstützung, welche sie damals – aber auch jetzt noch auf Grund der Einschränkung ihres Sohnes – vom deutschen Staat erhält.

Die Frage, ob sie sich gut aufgenommen gefühlt hat, beantwortete sie größtenteils mit ja. Allerdings erklärte sie auch, dass einige Menschen am Anfang etwas distanzierter mit ihr umgingen und sich häufig sehr erstaunt zeigten, weil sie ihr einiges nicht zugetraut hatten. Mit der Zeit merkten die anderen Menschen, dass sich Katharina in ihrem täglichen Tun und Handeln nicht wesentlich von ihnen unterschied.

Beim Ankommen hier in Deutschland waren Katharinas Erwartungen insbesondere im Hinblick auf die medizinische Versorgung ihres beeinträchtigten Sohnes sehr hoch. Sie erzählt, dass sie hier definitiv nicht enttäuscht wurden. Sie sagt zudem, wie schwierig es am Anfang vor allem für ihre drei Kinder war. Rückblickend findet sie allerdings, dass es die richtige Entscheidung war auszuwandern, auf Grund der damaligen Lage, gab es für sie und ihre Familie in Kasachstan keine Zukunftsperspektive. Ihre Kinder gewöhnten sich mit der Zeit auch an das Leben hier und schlossen, so wie Katharina, viele neue Freundschaften. Sie engagierte sich gesellschaftlich mehr als zehn Jahren als Vorsitzende des Kirchenvorstandes in ihrer Gemeinde, gab russische Kochkurse und auch Bauchtanzunterricht. Heute sehen Katharina und ihre Kinder Deutschland als ihr Zuhause an.

Für Russlanddeutsche wurden nach ihrer Ankunft auch neunmonatige Deutsch-Sprachkurse angeboten. In diesen wurde Katharina alles an deutscher Grammatik erläutert. Sie kann heute fast fehlerlos auf Deutsch schreiben und sprechen. Dazu erklärt sie, man brauche aber auch den Willen und die Ausdauer eine neue Sprache zu erlernen.

Wie erwähnt hat sich Katharina in der evangelischen Kirche engagiert. In der ersten Zeit hatte sie engen Kontakt mit dem Pastor in Wietzenbruch, der ihr privaten Konfirmationsunterricht gab. Alles was sie heute über die Bibel weiß, hat sie von ihm gelernt. Vorher war Katharina katholisch durch ihre Oma getauft gewesen. Früher feierte sie alle deutschen Feiertage mit ihren Großeltern heimlich in Kasachstan. Inzwischen feiert sie auch hier alle religiösen Feiertage, ist allerdings evangelisch konvertiert. Schlussendlich sagte Katherina, dass sie nur die Zeit, die sie in Kasachstan verbracht hat, vermisst – nicht aber den Ort an sich, denn Orte verändern sich.

Wie Katharina selbst sagte, war ihr Ankommen in Deutschland größtenteils nicht so schwierig, wie sie erwartet hat. Sie wurde gut aufgenommen und ihre Probleme haben eine Lösung gefunden. Außerdem erlebte sie und erlebt immer noch ein gutes Beisammensein mit anderen Menschen. Sie konnte aufgrund ihres Ehrgeizes, der Hilfe ihrer Familie und von anderen Menschen ein stabiles Leben in Deutschland aufbauen. Vielleicht hatte sie, wie sie sagt, auch nur Glück, aber anhand ihrer Erfahrungen lässt sich schließen, dass sich viele andere Russlanddeutsche so wie Katharina extra bemühen mussten, damit ihr Ankommen auch so erfolgreich war.

Wir danken Katharina für ihre Offenheit und ihr Einverständnis mit dem Interview.

Autorinnen: Mia & Jessica

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