„Praktikantinnen, die wir hatten, deren Männerbild ist manchmal sehr verändert worden.“

Angelika Damm

Zwei Schülerinnen mit ihrer Interviewpartnerin
© Aller Anfang ist...?

Sicherheit ist mein Zuhause

Wie werden Frauen, die zumeist vor körperlicher oder psychischer Gewalt mit ihren Kindern fliehen, in einem Frauenhaus in Hamburg betreut? Mit dieser Fragestellung haben wir uns beschäftigen wollen, weil uns die Lebens- und Wohnumstände in Hamburger Frauenhäusern sehr interessiert haben und wir mehr über die Schicksale von Betroffenen erfahren wollten.

Angelika Damm arbeitet schon seit 30 Jahren im zweiten Hamburger Frauenhaus. Bereits während ihres Studiums zur Sozialarbeiterin wusste sie, durch ein spannendes Praktikum, dass sie später gerne in einem Frauenhaus tätig sein möchte. Durch ihre jahrelange Erfahrung konnte sie uns sehr viel über das Leben in einem Frauenhaus erzählen. Sie hat uns mit den positiven und auch den negativen Aspekten, welche Mitarbeiter*innen durchleben, bekannt gemacht.

Für das Gespräch mit Frau Damm haben wir uns in einem Klassenraum an unserer Schule getroffen. Dort war es ruhig und wir konnten uns ungehindert und offen mit ihr unterhalten.
Zuerst hat uns interessiert, wie das Leben im Frauenhaus aussieht. Das kann ganz unterschiedlich sein. Die Frauen haben in der Regel eigene Zimmer, jedoch werden die Badezimmer geteilt. Außerdem gibt es Wohnräume, Gärten und Kinderhäuser, die frei genutzt werden können. Der Alltag sieht, nachdem die bürokratischen Dinge geregelt sind, ganz „normal“ aus. Die Kinder müssen zur Schule und die Frauen, wenn möglich, arbeiten und jeder kocht für sich. Da das Frauenhaus nicht in der Nähe des früheren Zuhauses sein sollte, müssen die Kinder häufig die Schule wechseln und bei zu hoher Bedrohungslage müssen die Frauen unter Umständen auch ihren Job wechseln.

Wie viele Frauen in einem Frauenhaus leben ist unterschiedlich. In dem Frauenhaus, in dem Frau Damm arbeitet, gibt es 43 Plätze. In Hamburg gibt es noch vier weiter Frauenhäuser mit 30 Plätzen und eines mit 61 Plätzen. In Hamburg gibt es eine Notrufzentrale namens „24/7“. Diese verfügt über 15 Plätze und ist immer erreichbar. Die Frauen halten sich dort bis zu drei Tage auf und werden dann in entsprechende Frauenhäuser gebracht, in denen sie so lange wohnen dürfen, bis sie wissen, wie es weitergeht. In der Regel sind das etwa sechs Monate. Frau Damm kennt aber auch schon eine Frau, die mit ihrem Sohn vier Jahre in dem Frauenhaus gelebt hat, das sind aber Ausnahmen. Es gibt viele verschiedene und individuelle Gründe, die ein Vorrankommen erschweren: Knappheit von bezahlbaren Wohnungen, keine deutsche Staatsangehörigkeit, sodass sprachliche Hürden und behördliche Herausforderungen, die zugewanderten Frauen unklar sind, den Weg erschweren können, und noch vieles weitere mehr.

Wir haben uns außerdem gefragt, inwieweit die Sicherheit der Frauen gewährleistet werden kann. In ihrer Aussage hat Frau Damm deutlich zum Ausdruck gegeben, dass Frauenhäuser kein „Hochsicherungstrakt“ sind. Um vorbeugend Sicherheit zu gewährleisten, sind die Adressen der Frauenhäuser anonym, was auch bedeutet, dass die Kinder und Frauen keinen Besuch empfangen dürfen. Außerdem ist das Grundstück umzäunt und es gibt eine Videoanlage. Das Grundstück darf aber verlassen werden, wann immer man möchte und die Bewohnerinnen dürfen auch außerhalb übernachten.

Grundsätzlich müssen die Frauen mindestens 18 Jahre alt sein, um ein Zimmer im Frauenhaus beziehen zu dürfen. Die Hälfte der Personen, die in ein Frauenhaus kommen, sind Kinder. Frau Damm erzählte uns, dass etwa 30 Prozent der Frauen in der 24/7 zurück zu ihrem Täter gehen und es noch einmal versuchen wollen. Frau Damm gibt es aber Kraft, zu wissen, dass die Frauen, mit denen sie arbeitet, schon einen großen Schritt gemacht haben und dort sind, weil sie da sein wollen, nämlich in psychischer und physischer Sicherheit.

Ob die Frauen sich im Frauenhaus zuhause fühlen, ist sehr unterschiedlich. Grundsätzlich wird aber geschätzt, dass sie an einem Ort angekommen sind, an dem sie sicher sind. Streitigkeiten gibt es dennoch immer wieder unter den Frauen. Es ist für alle Beteiligten nicht immer leicht. Sie leben alle in einer Art „Zwangs-WG“.

Was uns besonders im Gedächtnis geblieben ist, ist dass viele Frauen, die ein Praktikum im Frauenhaus machen, mit einem veränderten Männerbild zurück in ihren Alltag gehen.
Während des ersten Lockdowns der Corona-Pandemie sind deutlich weniger Frauen in Frauenhäuser gekommen, da sie nicht aus den Wohnungen kamen und ihre Umstände keinem Außenstehenden auffallen konnte, durch z. B. die Kinder in der Schule/Kindergarten. Jetzt, sagte Frau Damm, haben sich die Zahlen aber wieder im hohen Niveau eingependelt.

Das Interview mit Frau Damm hat unsere Gruppe wirklich begeistert. Es ist einfach toll zu sehen, dass sich jemand mit so viel Motivation und Leidenschaft für so ein wichtiges Thema einsetzt und auch in den schlimmen Situationen immer versucht, das Positive zu sehen. Frau Damm sagte, „wir ziehen wirklich sehr viel Kraft daraus, dass die Frauen einen Schritt gemacht haben, raus aus der Situation zu kommen um etwas Neues zu beginnen.“ Man hat auf jeden Fall gesehen, dass Frau Damm gerne über dieses Thema sprechen wollte und es ihr auch sehr wichtig dabei war, dass so viele Menschen wie möglich von diesem Thema mitbekommen.

Wir als Gruppe haben aus diesem Interview definitiv sehr viel mitnehmen können. Wir finden es erst einmal großartig, dass Hamburg sich offensichtlich sehr viel Mühe dabei gibt, allen Menschen, welche in einer Gewaltsituation leben, herauszuhelfen. Natürlich gibt es immer noch einige Probleme in der Politik, jedoch war es schön zu hören, dass es da bereits viele Verbesserungen gibt. Besonders überraschend und auch traurig fanden wir, dass das Leben unter einer Gewaltsituation einen großen Einfluss auf das zukünftige Leben der Kinder der Familien hat. Frau Damm sagte, „es kommt manchmal vor, dass auch die nächste Generation zu uns kommt. Also, dass die Mütter mit ihren Kindern zu uns gekommen sind und einige Jahre später die Kinder selbst in einen Gewaltzyklus gelangen.“

Das Thema „Frauenhäuser“ zeigt sehr stark, was für einen großen Einfluss Gewalt auf das Leben einer Person haben kann, umso wichtiger ist es, auf dieses Thema aufmerksam zu machen und die Personen, welche als Sozialarbeiter*innen arbeiten und sich gegen Gewalt einsetzen, zu schätzen.

Wir danken Angelika Damm für ihre Zeit und allen Mitarbeiter*innen der Frauenhäuser für ihre Arbeit, da sie sehr viel Tolles und Wichtiges für unsere Gesellschaft leisten.

Autorinnen: Bahareh, Emma und Julika 

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