Gemalte und aufgefangene Bilder der Kinder in der Berliner Stadtmission Berlin. Viele Bilder zeigen die Flagge der Ukraine oder Tiere. In der Mitte hängt ein blaues Papier mit der roten Schrift „Ich lebe Deutschland“ und roten Herzen darauf.
© Aller Anfang ist...?

„Sie [die Kinder] verstehen nicht viel, aber vielleicht mehr als wir denken.“

Peter, 24 Jahre

Wie viel verstehen Kinder?

Wir haben unser Interview mit einem norwegischen Studenten geführt, der ehrenamtlich bei der Kinderbetreuung am Hauptbahnhof hilft. Sein Name ist Peter und er ist 24 Jahre alt. Bis Ende Juni wohnte er hier in Berlin. Mit seinen Eltern und zwei jüngeren Brüdern wuchs er in einer norwegischen Kleinstadt auf.

Wir haben dieses Projekt gestartet, um herauszufinden, was Flucht heutzutage bedeutet. Dabei haben wir uns speziell dafür interessiert zu erforschen, wie das Ankommen hier in Deutschland für die Flüchtlinge organisiert ist. Unser Fokus lag auf geflüchteten Kindern. Wir interessierten uns dafür, wie die Kinder mit der Flucht aus ihrem Heimatland umgehen. Da es aber schwierig ist, Kinder nach so etwas zu fragen, haben wir einen ehrenamtlichen Helfer in der Kinderbetreuung befragt, wie die Kinder mit ihrer Erfahrung umgehen und wie ihr Ankommen organisiert wird. Welche Herausforderungen gibt es?

Viele der Helfer kommen nicht regelmäßig oder nur einmal, wie uns berichtet wurde. Das liegt daran, dass es für manche Menschen zu schwer ist, sich um die Flüchtlinge zu kümmern. Deshalb brauchten wir jemanden, der mehrmals geholfen hat und somit mehr Erfahrungen mit uns teilen kann.

Durch die Empfehlung von Frau Breuer, die die Mutter einer Mitschülerin und Pressesprecherin der Berliner Stadtmission ist, konnten wir Kontakt mit Peter aufnehmen. Ein Termin wurde vereinbart und am 23.05.2022 trafen wir ihn direkt am Hauptbahnhof im Zelt für die ukrainischen Flüchtlinge. Bevor dann das Interview losging, bekamen wir zusammen mit anderen Mitschülern noch eine kleine Führung durch das Fluchtzelt.
Unser Interviewpartner erzählte uns persönliche Sachen über seine Familie und seine eigenen Erfahrungen im Umgang mit den geflüchteten Kindern. Dabei hat er berichtet, dass den meisten Kindern ihre Situation nicht anzumerken ist und sich meist durch Müdigkeit äußert. „Sie haben eine lange Reise hinter sich“, ist seine Begründung dafür. „Es gibt auch vereinzelte Kinder, die traurig aussehen.“ Peter ist aufgefallen, dass
viele Kinder anfangs schüchtern sind, „sich aber mit der Zeit an die Helfer gewöhnen und mit ihnen spielen.“ Es ist kein gravierender Unterschied zu anderen Kindern, die nicht aus einem Kriegsgebiet geflüchtet sind, zu erkennen. 

Die ganze Wand hinter dem Kinderbereich ist vollgeklebt mit Bildern von den Kindern. Beeindruckt standen wir davor und betrachteten die verschiedensten Motive. Darunter Friedenszeichen wie Tauben, Flaggen der Ukraine und viele mit Herzen geschmückte deutsche Flaggen. Wie wir im Nachhinein erfahren haben, wurden jedoch auch viele Panzer und andere Waffen von den Kindern gemalt. „Die Bilder mit gewalttätigen Botschaften werden abgehängt“, da sie anderen Kindern Angst machen könnten.
Insgesamt fanden wir es sehr überraschend, dass anhand des Verhaltens der Kinder nicht ersichtlich ist, was sie erlebt haben. Dasselbe überraschte auch unseren Interviewpartner in seinen ersten Schichten. Wir hatten erwartet, dass die Kinder sehr traurig und verstört sind, stattdessen scheinen sie eher unwissend zu sein. Peter sagte ganz richtig: „Sie verstehen nicht viel, aber vielleicht mehr als wir denken.“ Das Verstehen scheint sich unterbewusst zu äußern, zum Beispiel in den gemalten Bildern der Kinder.

Wir wissen jedoch nicht, ob die Kinder über das, was sie gesehen haben, reden. Möglicherweise bereits vorher auf ihrer Reise nach Deutschland in Polen oder Tschechien. Vielleicht sprechen manche aber auch mit den Dolmetschern, da ein Gespräch mit Kinderbetreuern wie Peter durch die Sprachbarriere nicht möglich ist.

Des Weiteren dachten wir, dass diese Arbeit einen Freiwilligen vielleicht auch bis nach Hause verfolgen würde. Das war anscheinend bei vielen der Fall und wenn so etwas vorkommt, steht den Helfern eine Psychologin zur Verfügung. Für Peter hingegen ist es nicht schwer sich von dem, was er in seiner Schicht sieht und erlebt, zu distanzieren.

Das Interview mit Peter hat gezeigt, dass geflüchteten Kindern nicht unbedingt ständig anzumerken ist, was sie erlebt haben. Wir wissen nicht wie viel sie wirklich verstehen, doch scheinbar verarbeiten sie das Gesehene unter anderem durch Malen und Zeichnen. Ihre Bilder sind ein Hinweis darauf, dass sie vermutlich mehr mitbekommen haben, als sie sich anmerken lassen. Es ist anfangs oft schwer für sie, sich auf das Spielen mit den Fremden einzulassen. Ob das so ist, weil sie aus dem Krieg in ihrem Heimatland geflohen sind, lässt sich nur vermuten.

Wir danken Peter für seine Zeit und Bereitschaft, seine Erfahrungen mit uns zu teilen.

Autor:innen: Isbémio, Josephine, Lara

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