Backsteinhaus mit Reetdach, davor ein Schild mit der Aufschrift "Das Rauhe Haus"
© UweRohwedder/Wikipedia CC 4.0

„Wir versuchen immer, so nah wie möglich an den Menschen zu sein.“

Sylvia Nielsen

Wohnen im Rauhen Haus

Im Rahmen des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten haben wir uns für das Thema „Leben im sogenannten ‚Rauhen Haus‘ in Hamburg“ entschieden, und uns mit folgender Forschungsfrage beschäftigt: „Inwiefern wird im Rauhen Haus zwischen ‚Wohnen‘ und ‚Unterbringung‘ unterschieden und warum?“

Das Rauhe Haus ist eine in Hamburg 1833 gegründete Betreuungs- und Bildungseinrichtung mit verschiedenen Wohngruppen um und in Hamburg, mit der Spezialisierung auf Jugendlichen und dient auch als sozialpsychiatrische Einrichtung der Stadt.

Um zu unserem Thema zu forschen, haben wir mit Frau Dr. Sylvia Nielsen, einer Mitarbeiterin im Rauen Haus, gesprochen. Frau Nielsen leitet die Spendenarbeit des Rauhen Hauses und ist zudem auch zuständig für die Kommunikation innerhalb der Einrichtung. Im Rauhen Haus arbeitet sie schon seit zehn Jahren und antwortete sofort auf unsere Interviewanfrage.
Frau Nielsen war sehr zuvorkommend und beantwortete unsere Fragen detailliert.

Kennen Sie das Gefühl, nach einem langen und vor allem anstrengenden Arbeitstag, der unendlich schien, oder nach einer längeren Reise zuhause anzukommen? Endlich wieder in seiner eigenen Wohnung ankommen, bekannte Gesichter und Räume wiedererkennen, in das Vertraute zurückkehren können. „Ankommen“ ist nicht nur ein Zustand, sondern auch ein Gefühl, das sich im Bauch ausbreitet und durch den ganzen Körper geht. Ein Gefühl, das ausdrückt: Hier gehöre ich hin und nur hier möchte ich auch bleiben und immer wieder zurückkommen. Wir als Team haben uns gefragt, wie genau können die Bewohner einer Institution wie dem Rauhen Haus ankommen und das Gefühl verspüren, hier zuhause zu sein?

Um erst einmal einen kleinen Einblick in die Institution zu bekommen, der wir unsere Fragestellung gewidmet haben, haben wir zunächst nach den Werten gefragt, für die das Rauhe Haus steht. Hierzu berichtete Frau Nielsen: „Wir versuchen immer, so nah wie möglich an den Menschen zu sein. Gucken, was sind ihre Bedürfnisse. Wo brauchen sie unsere Unterstützung und was können sie schon alleine machen?“

Das klingt doch schonmal nach einer unterstützenden Atmosphäre. Aber bedeutet dies, dass eine wohnliche Atmosphäre aufgebaut wurde oder ist dies einfach nur eine verpflichtende Aufgabe einer solchen Institutionen? Dafür haben wir Frau Nielsen gefragt, wo sie persönlich den Unterschied zwischen Unterbringen und Wohnen sehen würde. Assoziationen mit Unterbringen waren sofort zeitlich begrenzte Aufenthalte, wie z. B. in einer Klinik, während das Wohnen für Frau Nielsen eher eine dauerhafte Sache ist, bei der man ankommen kann. Was uns wieder zurück zu unserer Fragestellung brachte: Wie können Menschen im Rauhen Haus ankommen, wenn diese meistens auch nur eine zeitlich begrenzte Dauer dort verbringen? Frau Nielsen antwortete darauf: „Ich denke schon, dass das grundsätzlich funktioniert. Schon deshalb, weil wir eben nicht solche riesigen Gebäude haben und kleine Gruppen. Auch die Zimmereinrichtung ist bei uns frei. Zusätzlich gibt es an einigen Standorten, wie Horn, einen Park drum herum. Grundsätzlich sind hier alle bemüht, dass es wirklich ein Zuhause für die Menschen ist, die bei uns wohnen.“

Zu einem gemeinsamen Wohnraum benötigt man auch einige Vorgaben, die für ein harmonisches Zusammenleben sorgen. Wir haben uns gefragt, inwiefern das Rauhe Haus typische Rituale und Regeln für die Bewohner hat. Frau Nielsen erzählte uns, dass sich die Rituale und gemeinsamen Aktivitäten besonders auf die einzelnen Wohnhäuser und Einrichtungen beziehen, dazu gehören z. B. gemeinsames Kochen oder Spieleabende. Zu den Regeln erklärte sie uns auch, dass es keine flächendeckende Hausordnung gibt, jedoch in den einzelnen Wohngruppen schon. „Diese werden aber auch von den Wohngruppen selber festgelegt und natürlich auch mit den Bewohnern zusammen besprochen. Man muss ja auch gemeinsam gucken, was findet man gut, was findet man weniger gut und wie kommt man da miteinander zurecht.“

Bezogen auf unsere Altersklasse haben wir uns auch einige persönliche Fragen gestellt, die vor allem auf Jugendliche bezogen waren. Eine Frage von uns lautete dabei: „Wie ist das mit Freizeitangeboten innerhalb der Unterkunft und kostenpflichtigen Möglichkeiten außerhalb der Unterkunft?“ Frau Nielsen erzählte, dass dabei vor allem die Spenden eine wichtige Rolle spielen. Kinder und Jugendliche, die seit längerem einem Hobby nachgehen, sollen natürlich nicht gezwungen sein, dieses aufzugeben. Auch Ausflüge in der näheren Umgebung finden im Rauhen Haus immer wieder Dank der Spenden statt.

Wie erwähnt haben wir uns im Gespräch mit Frau Nielsen vor allem auf die Frage konzentriert, ob das Rauhe Haus als Institution die Bewohner nicht nur unterbringt, sondern eine wohnliche Umgebung bietet, in der man richtig ankommt und sich zu Hause fühlen kann. Nach Auswertung der oben im Text genannten Punkte, wie zum Beispiel, dass man nicht einfach nach dem Ablaufen einer bestimmten Frist vor die Tür gesetzt wird, dass man selbst die Kontrolle über die Einrichtung der Wohngruppen und auch Rituale hat, finden wir als Forschungsteam, dass das Rauhe Haus Menschen nicht nur unterbringt, sondern den Bewohnern eine Atmosphäre des Wohnens bietet.

Zum Schluss wollen wir Sylvia Nielsen für ihre Zeit und ihre Bereitschaft, dieses Interview mit uns zu führen, herzlich danken!

Autorinnen: Lena, Tiziana, Lea und Lisa

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