Die interviewte Abgeordnete hält an einem Rednerpult der Grünen eine Rede.
© Die Grünen Garbsen

„Es hat mich berührt, die Möglichkeit zu haben, die Stimme für andere Menschen zu sein und für Menschen, die kaum Gehör finden in dieser Gesellschaft, sprechen zu können.“

Djenabou Diallo Hartmann

Der Wunsch nach Vielfalt

In unserem Interview mit dem thematischen Schwerpunkt „Ankommen in der Demokratie“, befragten wir die frisch gewählte Landtagsabgeordnete Frau Djenabou Diallo Hartmann über ihren Einzug in den Landtag und was sie dazu bewegt hat, aktiv in der Demokratie mitzuwirken.

Djenabou war für uns eine besonders interessante Interviewpartnerin, da sie sowohl in nicht demokratischen als auch in demokratischen Staaten gelebt hat und gerade als erste schwarze Frau im niedersächsischen Landtag viele interessante Erfahrungen auf ihrem Weg gesammelt hat. Als Politikerin ist sie sehr beschäftigt, umso mehr hat es uns gefreut, dass wir einen Termin via Zoom vereinbaren konnten und das sie sich viel Zeit für uns und unsere Fragen genommen hat.

Das Interview startete mit einer Vorstellungsrunde. Wir erzählten ihr vom Projekt in unserem Politik-Leistungskurs und sie uns etwas über sich selbst und ihre Herkunft. Djenabou ist 37 Jahre alt und vor 17 Jahren nach Deutschland gekommen, um hier Politikwissenschaft an der Leibniz Universität Hannover zu studieren. Sie ist verheiratet und zweifache Mutter. Politisch engagiert sie sich bereits seit zehn Jahren und ist Mitglied der Partei Bündnis 90/die Grünen.

Am 9. Oktober war es dann soweit: Djenabou wurde in den Landtag gewählt, wo sie nun Sprecherin für Migration und im Petitionsausschuss vertreten ist. Sie arbeitete schon sehr lange darauf hin, denn ihr Ziel war es, Menschen mit anderer Herkunft zu zeigen, dass sie sich ebenfalls politisch engagieren können. Für sie ist es nämlich wichtig, dass alle Menschen in der Politik vertreten sind, was sie in unserer aktuellen politischen Lage und im Parlament nicht sieht. Umso mehr hat es sie als schwarze Frau berührt, für die Menschen in unserer Gesellschaft sprechen zu können, welche wenig oder kein Gehör finden. Dies war auch einer der Hauptgründe, warum sie sich politisch engagiert. Sie findet es nicht fair, dass die Hautfarbe, das Geschlecht oder auch die soziale Herkunft ausschlaggebend dafür sind, welche Chancen man in unserer Gesellschaft hat. Auch am eigenen Leib hat sie Ungerechtigkeit und Rassismus erfahren als sie nach Deutschland gekommen ist. Nach der Geburt ihrer Kinder und der Realisierung, dass die Ungerechtigkeiten auch für sie nicht aufhören, hat sie sich dafür entschieden, ihre Stimme zu nutzen und ist den Grünen beigetreten. Sie steht sehr zu den demokratischen Grundwerten, findet aber auch, dass zu einer Demokratie Vielfalt gehört. Sie wollte sich nicht nur anpassen, sondern sich auch als Teil unserer demokratischen Gesellschaft fühlen.

Djenabou erzählte uns, dass sie innerhalb ihrer Partei viel Zustimmung für ihr politisches Engagement im Landtag bekommen hat. Auch außerhalb hat sie viel Unterstützung erfahren. Beispielsweise die Presse schenkte ihr viel Aufmerksamkeit. Allerdings teilte sie uns auch mit, wie viel Rassismus sie durch die sozialen Medien erfahren musste und dass sie sogar auf Kreisverbands-Seiten der Partei AfD landete, wo schlimme Dinge über sie gesagt und verbreitet wurden.

An der Demokratie schätzt sie sehr, dass man sich aktiv einbringen und Gehör finden kann, gerade deshalb, weil sie starke Kontraste erlebt hat. Sie bezeichnet diese als „wichtiges und hohes Gut“. Denn in ihrem Herkunftsland ist dies leider keine Selbstverständlichkeit. Sie berichtete uns, dass dort die Menschen für demokratische Grundwerte auf die Straße gehen, während es hier eine Selbstverständlichkeit ist.

Djenabou stellte klar, dass wir in einer sich ständig ändernden Gesellschaft leben, weshalb sich die Demokratie auch stets an diese Umstände anpassen muss. So sieht sie zum Beispiel ein schnelleres Handeln bei demokratischen Prozessen als Verbesserungsvorschlag für die Demokratie. Schneller zu agieren würde uns zusätzlich auch noch krisenfester machen, ein Beispiel dafür wäre die Pandemie, bei der ein vereinfachter Prozess und ein schnelleres Handeln wichtig gewesen wären. Außerdem sieht sie eine Senkung des Wahlalters als erforderlich, denn alleine im Parlament ist das Durchschnittsalter so hoch, dass viele keine nachhaltige Politik machen. Die junge Landtagsabgeordnete sieht es als problematisch, dass trotz des Fakts, dass über die Hälfte der Bevölkerung in Niedersachsen aus Frauen besteht, nur 30 % Frauen im Landtag vertreten sind. Sie würde das Parlament vielfältiger, weiblicher und jünger aufstellen (wenn sie es könnte), sodass sich die Proportionen unserer Gesellschaft im Parlament wiederspiegeln.

Das Interview mit Djenabou hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, dass unsere vielfältige Gesellschaft auch im Parlament vertreten ist und dass das Ankommen in unserer Demokratie nicht immer für alle so einfach ist, wie wir es vielleicht denken.

Wir bedanken uns herzlich bei Frau Djenabou, dass sie sich für uns Zeit genommen und ihre Erfahrungen mit uns geteilt hat.

Autorinnen: Lou-Iza und Veronika

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