Die Kirche von Celle vor einem blauen Himmel, der mit wenigen Wolken durchzogen ist. Rechts und links neben der Kirche sind Bäume und Büsche. Ein einfaches Holzkreuz ragt in den Himmel.
Kirchenfan/Wikimedia Commons CC0 1.0

„Es ist auch schwer geworden in Deutschland. Ihr seht es. Ich weiß nicht, wie ich es genau sagen soll. Wenn meine Kinder hier wären, ja. Das wäre sehr gut. Aber das sind sie nicht, das ist schwer für mich.“

Alwina

Es wurde auch hier schwer

Alwina ist 81 Jahre alt und lebt seit 26 Jahren in Deutschland. Sie ist eine sogenannte Spätaussiedlerin, sie hat also deutsche Vorfahren. Geboren ist sie in der ehemaligen Sowjetunion, in der heutigen Ukraine. Sie lebte zwischenzeitlich in Kasachstan und Russland. Alwina besitzt ein gutes Verständnis der deutschen Sprache, jedoch hat sie Probleme sich auf Deutsch auszudrücken. Deshalb wurde das Interview auf Russisch geführt. Sie ist Rentnerin und verwitwet.

Die Forschungsfrage, die wir mithilfe des Interviews mit Alwina bearbeiten möchten, ist, wie sich das Ankommen für Spätaussiedler in den 90er Jahren in Deutschland gestaltete. Alwina eignet sich bei dieser Forschungsfrage als Interviewpartnerin, da sie eine Spätaussiedlerin ist und im Jahre 1995 nach Deutschland einwanderte.

Außerdem hat sie Familienangehörige, welche bereits nach Deutschland einwanderten, sowie einige, die nicht einwandern konnten, und sie konnte so von unterschiedlichen Erfahrungen berichten. Da wir gemeinsam als Klasse die Forschungsfrage bearbeitet haben, verschaffte uns unser projektleitender Lehrer Kontakt zu einer Gruppe von Spätaussiedlern, welche sich seit 20 Jahren jeden Freitag trifft.

Wir haben uns am üblichen Treffpunkt der oben genannten Gruppe, der katholischen Kirche in Vorwerk, gemeinsam mit der Klasse getroffen. Vor dem Interview frühstückten wir (wie für die Gruppe üblich). Die Stimmung war zuerst etwas angespannt und aufgeregt, wurde im Laufe des Treffens immer entspannter und angenehmer. Die einzelnen Interviewgruppen wurden auf verschiedene Räume verteilt.

Zunächst stellten wir unserer Zeitzeugin persönliche Fragen. So berichtete sie, dass sie 81 Jahre alt ist, sie aus der heutigen Ukraine stammt, zwischenzeitlich aber auch im heutigen Kasachstan und Russland lebte. Weiter erzählte sie: „Mein Mann war Russe, er ist schon gestorben und ich bin Deutsche.“ Sie hat zwei Söhne, der eine wohnt in Russland und der andere in Kasachstan, beide können kein Deutsch sprechen. Einer ihrer Söhne wollte auch nach Deutschland, was aber nicht klappte: „Das war wahrscheinlich 1998. Ich hatte ihm die Dokumente zukommen lassen, aber er hatte den Sprachtest nicht bestanden.“ Alwina bleibt per Skype mit ihren Söhnen in Kontakt, des Weiteren besuchte sie die beiden vor der Corona-Pandemie häufig in Russland und Kasachstan.

Auch stellten wir ihr Fragen über ihr Leben in der ehemaligen Sowjetunion und über ihre Wohnsituation. Darauf antwortete sie, dass sie ihrer Meinung nach normal in einer Wohnung und ähnlich wie heute in Deutschland lebte. Damals arbeitete sie als Krankenschwester. Außerdem besuchte sie die Kirche, wie auch heute in Deutschland. Über ihre Ankunft in Deutschland berichtete sie, dass sie nur zwei Tage in einem Übergangslager verbringen musste, bevor ihr und ihrem Mann eine Wohnung zugewiesen wurde. Aus Kasachstan nahm sie nur drei Taschen mit.

Alwina berichtete, dass sie etwa drei Jahre brauchte, um sich in Deutschland zu Hause zu fühlen, obwohl sie hier schon Freunde und Verwandte hatte, die schon länger in Deutschland lebten.

Weiter erzählte sie uns, dass sie, seitdem sie in Deutschland ist, nicht arbeitet und Rente bezieht und das nannte sie als Grund, warum sie so schlecht Deutsch spricht. Auch sagte sie, dass sie keine Diskriminierung erlebt hat. Sie konsumiert russische Medien. Alwina kocht weiterhin meist russische Gerichte und feiert auch russische Feiertage, wie zum Beispiel „Altes Neues Jahr“.

Schlussendlich fragten wir sie, ob sie die Entscheidung nach Deutschland auszuwandern bereute und sie antwortete: „Es ist auch schwer geworden in Deutschland. Ihr seht es. Ich weiß nicht, wie ich es genau sagen soll. Wenn meine Kinder hier wären, ja. Das wäre sehr gut. Aber das sind sie nicht, das ist schwer für mich.“ (Anm.: eigene Übersetzung aus dem Russischen).

Alwina berichtete meist von einen insgesamt eher positiven Migrationserlebnis, hatte kaum Schwierigkeiten beim Einleben in Deutschland und erfuhr keinerlei Diskriminierung, jedoch erzählte sie, wie schwierig es ist, von ihrer in Russland und Kasachstan lebenden Familie getrennt zu sein. Auch bewegt sie sich eher insgesamt in russischsprachigen Kreisen und hat viel Kontakt zu anderen Spätaussiedlern.

Wir danken Alwina für ihre Zeit und ihre Bereitschaft, ihre Erfahrungen mit uns zu teilen.

Autorinnen: Emily & Emilie

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