Helfen am Hauptbahnhof
Maria und Tilo arbeiten beide bei der Stadtmission in Berlin. Als Gesprächspartner eignen sie sich, da sie sich im Zuge dessen um die Erstbetreuung von ukrainischen Flüchtlingen am Hauptbahnhof Berlin kümmern. Getroffen haben wir die beiden an ihrem Arbeitsplatz, dem Zelt vor dem Hauptbahnhof, in dem wir vorher noch eine kurze Führung bekommen haben.
Maria und Tilo arbeiten beide bei der Stadtmission in Berlin. Als Gesprächspartner eignen sie sich, da sie sich im Zuge dessen um die Erstbetreuung von ukrainischen Flüchtlingen am Hauptbahnhof Berlin kümmern. Getroffen haben wir die beiden an ihrem Arbeitsplatz, dem Zelt vor dem Hauptbahnhof, in dem wir vorher noch eine kurze Führung bekommen haben.
Maria und Tilo haben beide erst angefangen bei der Stadtmission zu arbeiten, als der Krieg in der Ukraine ausbrach. Marias beste Freundin ist Halb-Ukrainerin. Bei der Hochzeit von deren Bruder war sie in Kharkiv. Auch jetzt kennt sie noch Leute, die dortgeblieben sind. Die Nachrichten von Fluchtgeschichten schockierten und berührten sie. Zusätzlich zu der emotionalen Verbundenheit zur Ukraine motivierte sie dies, bei der Ankunft von Flüchtlingen in Berlin auszuhelfen. Tilo berichtete uns von ähnlichen Gefühlen. Statt nur auf Demonstrationen gegen den Krieg zu gehen, die wenig erreichen würden, hatte er das Bedürfnis, aktiv etwas für Geflüchtete aus der Ukraine zu tun.
Tilo arbeitet als Food-Koordinator, wobei er sich um die Essensausgabe, den Bestand, die Einhaltung von Hygienestandards sowie die Lösung von möglich auftretenden Problemen kümmert.
Marias offizieller Arbeitstitel ist Prozesskoordinatorin. Ihre Aufgaben beinhalten das Schaffen und Überwachen von Prozessen und die Koordination von freiwilligen Flüchtlingshelfern sowie die Zusammenarbeit mit zum Beispiel der DAK, der BVG und der Deutschen Bahn. Darüber hinaus fungiert sie als Ansprechpartnerin für unter anderem die Security oder das Gesundheitsamt.
Wir haben Maria und Tilo zunächst gefragt, wie ihre Arbeit und die Organisation generell ablaufen. Im März, als die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine ankamen, gab es noch einige Schwierigkeiten. Jedoch berichteten uns die beiden, dass sie sich auch dort schon auf bestehende Abläufe aus der Flüchtlingskrise von 2015 stützen konnten. Diese werden weiter ausgebaut und entwickelt und funktionieren immer besser. Mittlerweile gibt es Züge und Busse, welche mehrmals am Tag kommen, um geflüchtete Menschen in Deutschland weiter zu verteilen. Trotzdem gibt es noch einige Lücken im System der Betreuung. Auch schwierig finden viele Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, die Bürokratie in Deutschland, welche im Gegensatz zu in ihrer Heimat immer noch mit Zettel und Papier arbeitet. Dabei ist das Kollegium jedoch in der Lage zu improvisieren. Tilo erzählte, dass es, bevor ein dauerhafter Caterer zur Verfügung stand, schon mal Engpässe bei der Essensversorgung gab. Inzwischen gibt es solche Probleme nicht mehr, da es organisierte regelmäßige Lieferungen gibt. Tilo schätzt, dass jeden Tag ungefähr 4000 Essen ausgegeben werden. Gemessen wird dies anhand von Sandwiches, die als Hauptmahlzeit dienen, da man diese gut zählen und einzeln verpacken kann.
Schwierigkeiten bei Tilos Arbeit als Flüchtlingshelfer bestanden zu Anfang im Schaffen benötigter Prozesse. Zurzeit geht es aber mehr um Konfliktlösung zwischen den Flüchtlingen. Viele Menschen haben durch die Kriegserfahrung Traumata erfahren, die zum Beispiel durch sehr stilles oder, im anderen Extrem, aggressives Auftreten äußern. Es herrscht eine Stimmung zwischen Hoffnungslosigkeit und Unsicherheit, da viele nicht wissen, was mit ihnen passieren wird. Dabei erhalten sowohl Flüchtlinge als auch Flüchtlingshelfer Unterstützung von Psychologen und Dolmetschern.
Maria berichtet von ähnlichen Konflikten. Weiterhin beschreibt sie Schwierigkeiten darin, besonders vulnerablen Personen wie Gehörlosen und Blinden Hilfe zu bieten.
Die Erfahrung, bei der Flüchtlingshilfe zu arbeiten, bewerten sowohl Maria als auch Tilo als insgesamt überaus positiv und sie würden sie anderen definitiv weiterempfehlen.
Sie selbst und ihr restliches Kollegium kommen aus sehr unterschiedlichen Branchen. Dabei bemerken sie jedoch, dass die Arbeit durchaus psychisch belastend sein kann. Als negative Erfahrungen vermerken sie rassistische Vorfälle unter Ukrainern gegenüber insbesondere Sinti und Roma. Uns wurde erzählt, dass es vorkommen kann, dass Leute einen Bus oder eine Unterkunft verlassen, weil eine Roma-Familie dort ist. Dies wird jedoch nicht geduldet und es wird versucht dagegen vorzugehen.
Das Interview hat gezeigt, dass die Prozesse zumindest hier in Berlin schon relativ gut laufen. Gleichzeitig ist es weiterhin sehr wichtig, zu versuchen, geflüchteten Menschen die bestmöglichen Chancen auf dem von ihnen gewählten Weg zu bieten. Dabei kann jeder auf seine Art aushelfen. Während wir uns für ein Interview mit der Stadtmission entschieden haben, gibt es natürlich noch viele weitere Vereine, beispielsweise am Hauptbahnhof auch vertreten „MoabitHilft“, die sich für Geflüchtete in Berlin einsetzen.
Wir danken Maria und Tilo für die Zeit, die sie sich für unser Interview genommen haben.